Adventfenster 24
AUFREGUNG BEI DEN WEIHNACHTSBÄUMEN
Wie üblich standen viele Weihnachtsbäume am Weihnachtsmarkt bereit zum Aussuchen und Bestaunen und warteten nur darauf, von ihren zukünftigen Besitzern gefunden zu werden. Da gab es plötzlich ein großes Getuschel unter den Bäumen. Sätze wie „Hast du schon gehört….?“ , „Das ist ja nicht zu fassen….!“ oder „Wie soll es nur weitergehen….?“ wirbelten wie Schneeflocken durch die Luft. Viel zu groß war die Aufregung bzw. Besorgnis darüber, was vor kurzem einer der Bäume bei einem Gespräch zwischen dem Christbaumverkäufer und einem Interessenten gehört hatte.
Durch die explodierenden Strompreise musste eingespart werden, was konkret bedeutete, dass die Weihnachtsbäume nicht, wie gewohnt, mit einer Lichterkette versehen werden sollten, um die Räume mit dem Zauber von Weihnachten tagtäglich erstrahlen zu lassen.
Besonders die kleineren, jungen Weihnachtsbäume sahen ihren eigentlichen Weihnachtsauftrag sehr gefährdet. Die größeren Bäume schienen da etwas gelassener zu sein, schließlich würden auch die vielen Kugeln an ihnen manchmal einen Sonnenstrahl oder anderes Licht einfangen und ein wenig besonderen Glanz verbreiten.
Weihnachtsbaum Ronja, eine sehr alte, große Tanne hatte schließlich eine großartige Idee: „Wisst ihr was, wir nützen einfach die Zeit, solange wir hier auf dem Weihnachtsmarkt stehen und überlegen uns, wie wir vielleicht auf ganz andere Weise besonders sein können. Es muss doch auch noch andere Möglichkeiten geben, um diesem Fest eine ganz spezielle, außergewöhnliche Note zu verleihen.“ Zuerst sahen sich die anderen ein wenig ratlos um, dann aber begannen sie eifrig nachzudenken. Irgendwie herrschte plötzlich eine ganz feierliche Stimmung, die jeden noch so verunsicherten Baum ansteckte.
Der Reihe nach trudelten allerhand Vorschläge ein. Vom stündlich funkelnden Lametta Sprühglanz, der dem Weihnachtsbaumsicherheitsdirektor ebenso wenig gefiel wie riesige Wachskerzen, bis hin zu speziellen großflächigen Reflektor Symbolen, die letztlich fast den gesamten Baum verdecken würden, war alles dabei. Einer meinte sogar, die klassischen Weihnachtsbäume hätten eben ausgedient, man solle sich wahrscheinlich eher auf Glitzerglasbäume mit einer einzigen stromsparenden Lampe fokussieren.
An diesem Punkt angelangt rief Weihnachtsbaum Ronja alle zur Ruhe und Vernunft auf: „Wisst ihr, was ich eigenartig finde? Anscheinend sind wir inzwischen so sehr auf das Gewohnte fixiert, dass wir in all dem Chaos um möglichst viel Licht und Glanz gar nicht mehr darüber nachdenken, was wirklich wichtig ist. Wir sind Bäume, die von Natur aus mit einem wunderbaren Duft ausgestattet sind, besondere Blätter besitzen, die im Winter nicht abfallen. Unsere weiten Äste vermitteln Geborgenheit und symbolisieren lange Arme, die herzlich umarmen und schützen können. Unser Stamm steht für Halt und Sicherheit. Das Dauergrün erinnert an die Hoffnung. Und indem wir unser Baumleben für ein besonderes Fest opfern, stehen wir für das Wunder der Liebe, die sich uneigennützig verschenkt, um andere reich zu machen. Warum sollten wir die Menschen nicht einmal an das Wesentliche erinnern, das Einfache, das Naturgeschenkte? Wir sind weit mehr als nur ein Lichterkettenhalter, meint ihr nicht?“
Ganz still war es geworden am Weihnachtsmarkt. Einen Moment lang sagte niemand etwas. Dann kam tosender Applaus von allen Seiten. „Du hast ja so recht! Wir können stolz auf uns sein! Vielleicht sind wir dieses Jahr sogar die schönsten Weihnachtsbäume seit Jahrzehnten…“ Und plötzlich erfüllten eine große Begeisterung, viel Liebe und eine neue Leichtigkeit die Vorweihnachtszeit….
ICH WÜNSCHE DIR LICHTVOLLE WEIHNACHTEN!